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Gegründet in Berlin am 4. November 1809

Friedrich Buttmann


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Buttmann, Friedrich (15.3.1914 -- 28.4.2003) (#569)

Schiffskaufmann
Am 15. März 1914 wurde ich als viertes Kind des damaligen Marine-Schiffbaumeisters Karl Rudolf Buttmann und seiner Ehefrau Margarete, geb. Haase, in Bremen geboren. Nach seinem Schiffbau-Studium an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg und verschiedenen Kommandos in Danzig, Kiel und Berlin wurde mein Vater im Jahre 1913 nach Bremen versetzt, um Bauaufsichts-aufgaben auf der Aktien-Gesellschaft "Weser" zu übernehmen. Die Familie meines Vaters ist hugenottischen Ursprungs, während die Familie meiner Mutter seit Jahren in Pommern (Wolgast-Anklam); ansässig war. Meine Geschwister:
  • Karl Buttmann, geb. 12. April 19G6 in Danzig. noch lebend, Dipl.Ing. und Baurat, Lektor für Architektur a.d. Hochschule Bremen.
  • Ekkehard Buttmann, geb. 1. März 1907 in Danzig, Jura-Studium, Dr. jur., Anschliessend volles Philologie-Studium. Gefallen als Leutnant während der Invasion in Frankreich im August 1944.
  • Schwester Gerda, geb. 7. Februar 1909 in Kiel, noch lebend. Verheiratet mit dem Offizier Herbert Voigt im März 1934, verwitwet im Jahre 1935.

    Bis zum Jahre 1919 wohnte unsere Familie in der Hollerallee 65 in Bremen. 1919 erwarb mein Vater, ebenfalls in Bremen, ein Haus in der Schubertstrasse 42, in dem die Buttmanns bis zum Jahre 1943 wohnhaft waren. Das Haus wurde im Jahre 1943 durch einen Bombentreffer zerstört. Ostern 1919 wurde ich in die Vorschule an der Schillerstrasse in Bremen eingeschult, und ab Ostern 1922 besuchte ich das Alte Gymnasium bis Ostern 1931. Meinen Neigungen entsprechend absolvierte ich 1931/l932 ein Jahr auf der Höheren Handelsschule, um am 1. April 1932 eine kaufmännische Lehre als Schifffahrtskaufmann bei der Bremer Schiffsmaklerfirma. Herrn. Dauelsberg anzutreten. Nach Beendigung der Lehre genügte ich vom 1. April 1935 bis zum 30» September 1935 der Arbeitsdienstpflicht ( im Emsland). Durch den Besitz des Segelscheines zählte ich zur „halbseemännischen Bevölkerung“ und konnte dadurch eine einjährige Dienstzeit bei der Marine ableisten (1.10.1935 bis zum 30.09.1936).

    Fortsetzung: Lebenslauf Friedrich Buttmann: Einer dreimonatigen Rekrutenausbildung folgte eine 9-monatige Borddienstzeit bei der 1. Minensuchflottille in Pillau. So war es mir vergönnt, Ostpreußen, Königsberg, die Haffs sowie Danzig und Zoppot kennenzulernen« Übungs- und Manöverfahrten führten uns damals die gesamte Ostseeküste entlang und endeten mit den Flottenmanövern in der Nordsee (Deutsche Bucht). Nach Beendigung meiner Dienstzeit am 30. September 1936 wurde ich, um meinem Metier treu zu bleiben und meine beruflichen Kenntnisse zu erweitern, Angestellter der Hamburger Reederei Laeisz. Für mich als jungen Mann eine sehr interessante Zeit, wurden doch dort 2 Segelschiffe ("Priwall" und "Padua"), 2 große Trockenfrachter ("Poseidon" und "Planet") sowie eine sich stetig vergrößernde Flotte von Kühlschiffen für den Transport von Bananen von den eigenen Plantagen in Kamerun bereedert.

    Mein berufliches Ziel war es von Anfang an, als Kaufmann für eine längere Zeit im außereuropäischen Ausland tätig zu sein. Die Reederei Laeisz hatte mich zwar für einen späteren Einsatz in Kamerun vorgesehen. Zur gleichen Zeit lief aber auch eine Bewerbung bei der Firma Winckler & Co. in Japan. Diese Firma meldete sich im April 1937 durch ihr Hamburger Haus und bot mir einen 5-Jahreskontrakt für eine Tätigkeit in Japan an. Ich akzeptierte das Angebot und reiste am 13. Juli 1937 mit einem der neuen Ostasien-Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd "Gneisenau" Von Bremerhaven nach: Yokohama, meinem anfänglichen Dienstort, Ich war voller Erwartung, Daher interessierte mich der Kontrakt auch "nur am Rande", der mit dem Paragraphen endete: "Auf diesen Vertrag findet ausschließlich das japanische Recht Anwendung", welches mir natürlich unbekannt war. Es war also eine reine Vertrauenssache. Ich wurde nicht enttäuscht, vielmehr wurde mir in diesem weltweiten Exportgeschäft (von Japan) so viel fundamentales Wissen als willkommene Ergänzung zu meiner Ausbildung als Schifffahrtskaufmann vermittelt, wie es für mich nicht nützlicher sein konnte.

    Am 13. Juli 1937 ging es also mit der "Gneisenau" von Bremerhaven nach Yokohama. Eltern und Geschwister brachten mich an Bord. Das Schiff legte ab, fuhr in die Mitte (Schlepper-Assistenz) der mir dort durch die Segelei so vertrauten Weser und drehte seinen Bug seewärts. Meine Eltern und Geschwister winkten und wurden immer kleiner. Wie werde ich sie nach 5 Jahren Wiedersehen? Ein neuer Lebensabschnitt hatte begonnen. Die Welt stand mir offen.

    Erster Hafen Antwerpen, dann Southampton, Genua, wo die letzten Ostasiaten einstiegen. Dann Port Said, Suez, Rotes Meer, Indischer Ozean bei SW-Monsum (oft 8 bis 9 Windstärken von Stbd. achtern)« Dann Ceylon-Colombo, der erste tropische "touch". Freundliche Menschen, Elefanten als Arbeitstiere auf den Straßen und eine üppige Flora. Tea-time im Mount Lavinia. Weiterreise nach Singapore, Manila und Hongkong. Ich hatte in jedem dieser Häfen das Glück, entweder einen alten Schulkameraden oder Bekannten zu treffen, der dort für den Norddeutschen Lloyd tätig war. Diese Jungs hatten alle Zeit für mich und ließen es sich nicht nehmen, mir die Anlaufhäfen und deren Umgebung detaillierter zu zeigen. Nächster Anlaufhafen nach Hongkong sollte Shanghai sein. Es war Taifun, das Schiff lief nicht ein. Wir standen auf und ab stampfend in der gelblich gefärbten See, gefärbt durch den Lösboden des Hoang-Ho und sonstiger in die See mündender Gewässer. 20 Stunden währte dieses Warten. Dann kam die Nachricht über Funk, dass die Japaner Shanghai aus der Luft angegriffen hätten (Marco Polo-Bridge getroffen). So wurde die Reise ohne Anlaufen Shanghais fortgesetzt mit direktem Ziel Yokohama.

    Am 16. August 1937 kam frühnachmittags, ohne Land zu sehen, der Fujijama in Sicht. Gegen 18.00 Uhr machte das Schiff dann in Yokohama fest. Mit Verlassen der "Gneisenau" am 17. August 1937 begann für mich eine Zeit in einer ganz anderen Welt, inmitten japanischer Menschen und einer interessanten beruflichen Tätigkeit mit ihren Pflichten, Die täglichen Verrichtungen, das enge Zusammenleben mit Japanern und nicht deutschen Europäern sowie Amerikanern mit ihren ostasiatischen Gepflogenheiten waren für mich außerordentlich lehrreich. Ohne es besonders wahrzunehmen, formte einen das Leben in der östlichen Hemisphäre. Man trug -wie selbstverständlich- Verantwortung im Beruf, und das Verhältnis von Chefs zu Angestellten entbehrte des Patriarchalischen. Meistens wohnten junge Leute zusammen in einer sogenannten "Messe". - Es gab kein Land der Erde, mit dem die Firma Winckler & Co durch ihre Niederlassungen in Yokohama, Nagoya und Kobe nicht Beziehungen unterhielt. Es war eine Zeit (vor dem zweiten Weltkrieg), in der sich das Unternehmen auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung befand. 25 Europäer und ca. 1.100 Japaner waren damals für die Firma in Japan tätig, ich hatte das Glück,von Yokohama für längere Zeiträume nach Nagoya und Kobe detachiert zu werden.

    Mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges ergaben sich für die Firma dann die ersten Schwierigkeiten. Als japanische Firma im Besitze deutscher Staatsangehöriger wurde das Unternehmen sofort auf die "schwarze Liste" unserer Gegner gesetzt. Die Verbindungen zu englischen und amerikanischen Banken wurden zugunsten japanischer Banken eingestellt und die großen Warenmengen, die zur Lieferung bereit lagen, wurden mit Tricks bezw. auf Umwegen an die mit Ungeduld wartenden Kunden auf den Weg gebracht. Im Hinblick darauf, dass sich das internationale Geschäft drastisch reduzierte und in meiner Eigenschaft als Reservist der deutschen Kriegsmarine bat ich um vorzeitige Beendigung meines Kontraktes. Dieser Bitte wurde -durch die materielle Brille gesehen- gerne entsprochen, obwohl mich die Inhaber der Firma nicht gerne in eine ungewisse Zukunft ziehen ließen. So reiste ich Mitte Februar 1941 über die Mandchurei, Sibirien, Moskau und Warschau mit der Eisenbahn nach Deutschland, um Marinesoldat zu werden. Teils an Land, teils an Bord in Italien, Frankreich, Holland, am Schwarzen Meer sowie beim Oberkommando der Kriegsmarine (Nachrichtendienst-Entzifferung) hatte ich Kommandos. Danach wieder an Bord in Norwegen, dann Landeinsatz in den Ardennen und zum Abschluss als Oberfähnrich z.See in Kopenhagen bei Kriegsende.

    Ich kam nach der Kapitulation wieder nach Bremen. Im August 1946 war mein Bruder Ekkehard gefallen. Die Eltern waren nach der Ausbombung im Hessischen bei Freunden untergekommen. Mein Bruder Karl lebte in Wismar und meine Schwester Gerda schlug sich recht und schlecht mit ihren Kindern als "Internatsmutter" durch, wo auch die Kinder zur Schule gingen.

    Ich verheiratete mich im August 1946 mit Ursula Kaiser aus Schalksmühle im Sauerland. Seinen Unterhalt verdiente man sich damals durch Verdingung bei den amerikanischen Besatzungstruppen. In den Jahren 1948 bis 1950 war ich als Verkaufsleiter im Textil-Großhandel bei der Firma Thomas & Co. in Bremen tätig.

    Mit der Währungsreform lief die deutsche Produktion wieder an, sodass mich meine Firma 1949 auf Auslandsreisen nach England, Griechenland und in die Türkei schickte. Am 8. Oktober 1948 wurde unser Sohn Jan-Dirk geboren, 1950 machte ich mich selbstständig im Export, Kontrahierung von Schiffsbauaufträgen sowie Import mit Zulieferungen für den Schiffbau. Am 23. Februar 1952 wurde unser zweiter Sohn Christian geboren.

    Zusätzlich zu den Aktivitäten meines eigenen Unternehmens wurde mir die Leitung der Niederlassung der Hanseatischen Rettungsgeräte-Fabrik Hamburg in Bremen übertragen, und ab 1955 übernahm ich die Gesamtgeschäftsführung dieser Firma (im Rahmen der Firmengruppe Autoflug) in Hamburg. Diese Firma stellte See- und Luftrettungsgeräte - u.a. aufblasbare Rettungsinseln nach internationalen Standards (SOLAS) her. Das Geschäft litt 1970 stark unter der Abwertung des englischen Pfundes. Ich verließ die Firma und ging als kaufmännischer Leiter zur Norderwerft in Hamburg. Schleppende Auftragseingänge, bedingt durch nach dem Kriege miterlassene Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen führten die Werft 1971 in den Konkurs. Das Unternehmen mit vielen alt gedienten Mitarbeitern wurde zwar anschließend durch die Hamburger Bergungsfirma Ulrich Harms übernommen. Das änderte jedoch nichts an meinem Entschluss, nochmals nach Ostasien zu gehen. Hierzu bot sich durch die Fa. Lürssen Werft in Bremen-Vegesack die Möglichkeit. Diese Werft hatte eine beträchtliche Beteiligung an einem Werftbetrieb in Butterworth/Malaysia. Butterworth liegt gegenüber der Insel Penang, So ging ich nochmals ostwärts, um in leitender Position für die Hong Leong-Lürssen Shipyard in Butterworth tätig zu sein. Ich wohnte in Penang.

    Um täglich die Werft zu erreichen, benutzte man mit dem Automobil die Pendelfähre Penang-Butterworth. Ich blieb 2 Jahre in Malaysia, da die Folgen eines nicht verschuldeten Autounfalles meine Rückkehr nach Deutschland notwendig machten. Ab.1972 war ich dann, nach vollkommener Gesundung bei der Fr, Lürssen Werft in Bremen—Vegesack tätig. In dieser Zeit unternahm ich für diese Werft noch viele Auslandsreisen, welche mich u.a. in den Iran, nach Kuwait, Saudi Arabien und viele Male nach Malaysia und Singapore führten.

    Zum 1. Oktober 1978 trat ich in den Ruhestand. Als langjähriges Mitglied des Ostasiatischen Vereins Bremen (seit 1949) betätigte ich mich dort als Schatzmeister im Vorstand. Mit dem Ausscheiden des damaligen Vorsitzenden Jürgen Petersen wurde ich 1981 zum Vorsitzenden gewählt. Diese interessante und dankbare Aufgabe versah ich bis zum 21. Juni 1990. Zweimal habe ich nach dem Kriege Japan intensiv bereist. Im September 1983 ging es mit einer interessierten Reisegruppe nach Fukui (Westküste), wo ich während meiner damaligen Tätigkeit in Nagoya viele Male geschäftlich zu tun hatte, Ende April 1991 folgten dann meine Frau und ich einer Einladung des Bürgermeisters der Stadt Takaoka, nachdem ich vorher zweimal Delegationen dieser Stadt in Bremen betreut hatte.

    Japan hatte sich seit meinem Leben dort vor und im Kriege an seiner Oberfläche nicht wieder erkennbar geändert. Kleinere Städte waren zu Ballungszentren geworden. Gegenden mit Landwirtschaft hatten ihren Charme jedoch bewahrt, natürlich hatten moderne Bewirtschaftungsmethoden auch dort Einzug gehalten. Das einzige, was sich nicht geändert hatte, war der japanische Mensch mit seiner Höflichkeit, seiner Gastfreundschaft und seiner Aufgeschlossenheit uns Ausländern gegenüber. Mit meinem Abtreten als Vorsitzender des Ostasiatischen Vereins Bremen ernannte dieser mich zu seinem Ehrenvorsitzenden. So bleibt der Kontakt mit den vielen Freunden, die ich während meiner Tätigkeit im Verein gewinnen konnte, aber auch zu Ostasien, erhalten.


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    Letzte Änderung: 18.01.2020
    © Herbert Voß
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