Ernst Moritz Arndt und sein Berliner Freundeskreis
aus der "Gesetzlosen" und "Griechischen Gesellschaft"[*]

von Reichswirtschaftsgerichtsrat a.D. Walther Boeckh

Ernst Moritz Arndt hat in der Zeit vor und während der Freiheitskriege viermal Aufenthalt in Berlin genommen, nämlich von Weihnachten 1809 bis Frühjahr 1810, im Februar/März 1812, Mai/Juni 1813, schließlich den zeitlich am längsten dauernden von Oktober 1814 bis Frühjahr 1815. Nachdem er durch eine Verfügung des französischen Generalgouverneurs von Pommern, Marschall Soult, seine Professur an der Universität Greifswald verloren hatte, und ihm weitere Verfolgung durch die französischen Machthaber drohte, nahm ihn unter dem Decknamen "Sprachmeister Allmann" der Buchhändler Georg Andreas Reimer, sein "treuester und redlichster Herzensfreund aus jugendlichen Jahren", der auch seine Schriften verlegt hatte, im Dezember 1809 in Berlin bei sich auf. Reimer führte ihn in einen Kreis deutscher Patrioten ein, die sich regelmäßig im geselligen Kreise, zum Theil aber auch zum Lesen wissenschaftlicher Werke und Vorträge allgemeinen Inhalts und zu Schießübungen zusammenfanden, die mit Ausflügen, öfters nach Charlottenburger Gebiet, verbunden waren. Von diesen Schießübungen, bei deren Schilderung Arndt auch das Berliner "Schützenhaus" erwähnt, schrieb er, sie seien "mit Büchsen und Pistolen" geschehen, "in der Gesinnung und Hoffnung, die Schützen würden diese Fertigkeit einmal gegen den Reichsfeind gebrauchen können".

Eine erhebliche Anzahl dieser Vaterlandsfreunde (40) hatte sich im Winter 1809/10 zu einer "Gesetzlosen Gesellschaft[*]" zusammengeschlossen, deren Stamm u.a. die Genossen aus der schon älteren, weiter bestehenden Berliner Griechischen Gesellschaft, der sogenannten "Gracca" bildeten, zu denen sich Arndt, da ihm in Greifswald neben der Geschichte auch die Philologie als Lehrfach übertragen gewesen war und ihn zu Vorlesungen über griechische Dichter geführt hatte, besonders hingezogen fühlte[*]. Zu den ältesten Mitgliedern zählten u.a. Arndts späterer Schwager Schleiermacher und der durch seinen Witz weithin beliebte, hervorragende Philologe Philipp Buttmann, der die "unsichtbare Lenkung" der Gesetzlosen als ihr erster "Zwingherr" von 1809 bis zu seinem Tode im Jahre 1829 übernahm. "Von der geistigen Kraft des Mannes", so schrieb Adolf Harnack in der Geschichte der Berliner Akademie, "wissen wenige". Er war ein "Meister echter Geselligkeit" und "übte eine von Niemandem bestrittene, von allen dankbar anerkannte Herrschaft aus in der von ihm gegründeten Gesetzlosen Gesellschaft, welche die hervorragensten Geister des damaligen Berlin vereinigte". In der Tat hatten sich Vertreter aus allen Gebieten des Berliner geistigen Lebens angeschlossen, so Wilhelm von Humboldt, Niebuhr, Savigny, August Boeckh, Immanuel Bekker, Aloys Hirt, Achim von Arnim, der von seinem Eintritt in die "Gesetzlose" zum 18. Januar 1811 als dem Preußischen Krönungstage auch eine "Christlich-Deutsche Eßgesellschaft gegründet hatte, die "keine Juden, Franzosen oder Philister duldete", und in der es nach einem Briefe Boeckhs vom 1. Mai 1811 "recht Arnimisch" zuging[*], von Naturforschern Leopold von Buch, Willdenow, Lichtenstein, von Medizinern Keil, Rudolphi[*] und der "alte Heim", Berlins beliebtester Arzt, ferner die Theologen Wette, Marheineke und Bischof Ritschl. Der Direktor des National-Theaters Iffland und der Direktor der Singakademie Zelter erscheinen schon unter den ältesten Mitgliedern, als erstes Mitglied aus der Reihe der bildenden Künstler erst 1813 der Maler Johann Erdmann Hummel[*], aus der Beamtenschaft die Geheimen Staatsräte Justus von Gruner und von Stägemann, der Vater der unvergeßlichen Hedwig von Olfers, der auch selbst zum Freiheitsdichter wurde - ein späterer Zwingherr der "Gesetzlosen" -, die Ministerialdirektoren Süvern und Nicolovius, sowie der Staatsrat Uhden, diese drei besonders tätig bei der Begründung der Universität Berlin, der Bürgermeister Büsching, der von 1814-1832 Oberbürgermeister von Berlin war und sein späterer Amtsnachfolger von Bärensprung, schließlich die Generale Boguslawski und von Grolman[*]. Alle diese gehörten zu dem geselligen Kreis, in den Arndt 1809 eingetreten war und dem er auch bei seinem späteren kürzeren Aufenthalt in Berlin treu blieb. Er schrieb an seine Schwester Dorothea am 12. März 1812: "Ich habe hier viele Freunde gefunden, mehr als ich dachte, das ist ein großer Trost."

Die Anhänglichkeit der "Gesetzlosen" an ihren "unsichtbaren Lenker" erweist der Inhalt eines Begleitheftes bei der Überreichung eines silbernen "Zwingherrn-Bechers" zu Buttmanns Geburtstag am 5. Dezember 1817. Er beginnt mit einer Widmung Schleiermachers:

"Witz steht auf dem Becher wenig;
Trink, so findst du drinnen viel:
Und nie fehlt Dir Witzbold-König
Unter uns ein würdig Ziel."

Dann folgen griechische Distichen Boeckhs zu Ehren ihres zepterführenden Königs und schließlich die Rede des Historikers Rühs auf Buttmann, in der es u.a.[*] heißt:


Die Freiheit, glaub es Welt, ist nichts als Kinderwahn,
Den freche Bündler nur und Jacobiner nähren,
Um ihre Schäfchen so methodischer zu scheeren.
Mit glatten Worten sahn wir erst uns angekörnt,
Es sei gesetzlos hier und jeder Zwang entfernt:
Die Konstitution bestand in wenigen Sätzen;
Doch ach sie schützte nicht vor souveränen Netzen.
Sie hatten uns umstrickt in unbesorgter Ruh:
Urplötzlich zog er sie mit schlauen Händen zu.
Wir mußten männiglich nach seiner Pfeife tanzen:
Traktate schloß er ab und neue Allianzen.
Die Konstitution ward jämmerlich verdreht,
Und übers Recht errang den Sieg die Majestät.
Kurz er ward Souverän: doch wollen wir ihn rühmen
Und halten ihn getrost für einen Legitimen.
Naturgang will es so: verehrte Gönner, glaubt,
Ein Körper wird zum Rumpf, beseelt ihn nicht ein Haupt.


Der Schlußspruch lautet: "Laßt die Gläser hell erklingen! Laßt ein Lebehoch uns bringen Unserm wohlerprobten Freund! Necken wir ihn heut mit Schwänken, Wird ers uns gewiß nicht schenken: Doch es ist nicht arg gemeint. Leben sollst du, treue Seele. Gott erhalte deine Kehle; Schreit sie uns das Ohr auch wund. Magst du lange fröhlich grünen Frisch und frei mit Karolinen! Darauf trink ichs auf den Grund![*]" Wenn in dem von Heinrich Meisner gemeinsam mit Robert Geerds 1898 herausgegebenen Werke: "E.M. Arndt, ein Lebensbild in Briefen" zu einem Briefe Arndts an Reimer aus Greifswald vom 21. April 1810, in dem er der "schießenden und lesenden Gesellschaft" seinen Gruß, vor allem dem lieben "Wertheimer", sendet, bemerkt wird, diese patriotische Gesellschaft sei nicht festzustellen, so ist mit Sicherheit darauf hinzuweisen, daß Arndt hierbei den Freundeskreis aus der "Griechischen" und der "Gesetzlosen Gesellschaft", die "auch einen Kern der stillen, aber entschlossenen Rüstung gegen den Unterdrücker" gebildet hatte, im Sinne gehabt hat. Daß mit dem "Wertheimer" der spätere Kultusminister Joh. Albrecht Friedrich Eichhorn, der damals[*] noch nichts von seinem später im reaktionären Sinne geführten Ministeramte[*]ahnen ließ, im Hinblick auf seinen Geburtsort Wertheim a.M. gemeint ist, steht fest. Übrigens mag Eichhorn gerade im Hinblick auf jene alte Freundschaft der Rückberufung Arndts in sein Lehramt, die eine der ersten Regierungshandlungen Friedrich Wilhelms IV. Anfang Juli 1840 gewesen war, freundlich gegenübergestanden haben. Eichhorn war schon seit Anfang 1810 Mitglied der "Gesetzlosen Gesellschaft", und er werden auch in mehreren bei Meisner abgedruckten Briefen Arndts andere Mitglieder freundschaftlich erwähnt, so wiederholt Eichhorns Retter, der Rechtshistoriker Karl Friedrich Eichhorn, zusammen mit dem"Wertheimer" nebst "allen anderen frischen Gesellen[*]". Ferner bestellte er Grüße an die Genossen Justus von Gruner und Niebuhr. Er sandte also diesen Genossen aus der Gesetzlosen bzw. Griechischen Gesellschaft seinen Gruß, zumal es bei der nur ganz kurzen Erwähnung Arndts als Gast der "Gesetzlosen" auf Grund der Protokolle in deren Festschrift - 1809-1909 - heißt: "Niemand ist wohl häufiger mitgebracht als Ernst Moritz Arndt von Eichhorn, Reimer u.a."

Mit welchen Empfindungen Arndt noch im höchsten Greisenalter an seine Berliner Freunde zurückdachte, zeigt ein Brief Arndts an August Boeckh, an den er am 12. März 1859 schrieb[*]:

"Dank, verehrter Freund, für die lustige Erinnerung längst verschiener (so!) Tage, als ich oft das Glück hatte, Ihren fröhlichen Abenden und den gelehrten und ungelehrten Spielen und Scherzen derselben zu lauschen und zuweilen mitzuscherzen und zu lachen, besonders, wenn Sie (Sie selbst) oder der fröhliche Boudemont Schmollberg, wie Buttmann seinen wälischen Namen Übersetzte, die beiden oft zu naiven Kämpen Rühs[*] und Hirt in seltsamen antiquarischen oder etymologischen Fragen und Räthseln wie ein paar Kampfhähne zusammenhetzten.

Erinnerungen, fast ein Jahrhundert alt; indessen freuts immer, mit den Besten gelebt und zuweilen mitgespielt zu haben. - Solche Erinnerungen aus einer wirklich herrlichen Zeit (das waren die Jahre zwischen 1812 und 1820) erhalten das Bischen Lebensathem frisch und tragen auch mich in meinem Neunzigsten, gottlob noch ohne Brille und Krücke, leidlich unter den Menschen mit fort.

Gebe Gott Ihrem berühmten Namen auch hier auf Erden noch ein spätes schönes Alter!
In deutscher Treue Ihr E.M.A."


Das war die lebendige Erinnerung des neunzigjährigen Arndt an Berlin, von der er in seinen "Erinnerungen aus dem äußeren Leben" geschrieben hatte: "Natürlich geriet ich in den Kreis, worin mein alter Freund Reimer und meine Freunde vom Winter 1809 sich bewegten. Dies war ein Leben und Weben, ein Wogen und Treiben der Kräfte, jugendlich frische Gesellen! Da habe ich viele trefflichste Männer zuerst gesehen und kennen gelernt, und war mit einem Male mitten in einem großen gewaltigen Männerbunde, der einen einzigen Gegenstand seines Bedürfnisses hatte, Haß und Abschüttelung und Vernichtung der Wälschen."

In den Freiheitskriegen war eine Reihe von Mitgliedern der "Gesetzlosen" im vaterländischen Sinne militärisch tätig. Savigny und J.A.F. Eichhorn haben noch dem Zeugnisse Boyens, der im Mai 1813 die Verteidigung Berlins übernommen hatte, in dem vom März bis Juli tagenden Ausschusse für die Organisation der Landwehr und des Landsturms, der 30 000 Mann in 2 Divisionen aus 102 Einzelbezirken aufzustellen hatte, "zur Ordnung der verwickelten und verworrenen Verhältnisse das Beste getan". Schon vom 10. Februar ab - noch vor der Mobilmachung - hatte Savigny, für den als damaligen Rector der Universität Boeckh den wegen der Franzosen lateinischen Aufruf an die Studenten verfaßt hatte, deren Entlassung und Abmarsch geregelt. Boeckh, Arnim und Marheineke erhielten Hauptmannsstellen im Landsturm bzw. in der Landwehr. Schleiermacher, der auch im Ausschusse mitwirkte, Niebuhr, Buttmann und Rühs traten gleichfalls ein. J.A.F. Eichhorn ging sodann im August 1813 zur Armee, kämpfte in der Schlacht an der Katzbach, an deren Vorabend er im Hauptquartier Blüchers eintraf, "noch in bürgerlicher Kleidung" mit und übersandte Rühs für den "Preußischen Correspondenten" einen ausgezeichneten Bericht über die Ereignisse. Er nahm hierauf bis nach der Schlacht bei Leipzig am Kriege teil. A.F. Eichhorn kämpfte als Schwadronschef bei Wittstock, Großbeeren und Dennewitz, wo der zum "ältesten Stamme der Gesetzlosen" gehörende Berliner Bankherr Alberthal als Rittmeister der Landwehr fiel. Reil hatte in aufreibenster Arbeit die Leitung der Kriegslazarette links der Elbe übernommen und starb als Opfer des "Hospitaltyphus" im November 1813. G. Reimer kämpfte bei Großbeeren und Leipzig mit und war Hauptmann einer Landwehrkompanie.

Am 17. Dezember 1859 fand die Halbjahrhundertfeier der Gründung der "Gesetzlosen Gesellschaft" statt. Nur vier Mitglieder aus den ersten vier Jahren ihres Bestehens waren noch am Leben, die Juristen Savigny und F.A. Biener[*] sowie die Alterthumsforscher Boeckh und Immanuel Bekker. Wie der damalige "Zwingherr", der geheime Obertribunalsrat Univ.-Professor Karl Gustav Homeyer, bei der Feier verkündete, gab man als "einzige kunst- und prunklose Festgabe" ein Verzeichnis der bis dahin 302 Mitglieder heraus, das aber durch die Reihe seiner Namen[*] den Wert für die Geschichte Berlins in sich trägt. Dort bezeichneten "den Ruhm der vier Senioren und die dankbare Freude der Gesellschaft an ihnen Kränze vor ihrem ???". Bei dem Festmahle kreiste der Buttmann-Becher von 1817, und die Feier klang mit denWorten aus: "Heil Dir, dem herzhaften Gründer dieser Genossenschaft. Buttmanns, des vielgeliebten Erztyrannen, Andenken lebe immerdar unter uns hoch!"


Quellen

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Ernst Moritz Arndt und sein Berliner Freundeskreis
aus der "Gesetzlosen" und "Griechischen Gesellschaft"[*]

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Fußnoten

... Gesellschaft"[*]
Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins, 54, 1937.
... Gesellschaft[*]
Sie darf nicht mit der bereits 1806 gestifteten "Zwanglosen" Gesellschaft verwechselt werden, die diesen Namen seit 1826 führte, nachdem sie sich bis dahin "die Gesetzlose Nr.1" genannt hatte, Zwischen beiden Gesellschaften bestand keine Verbindung, außer daß in der ersten Zeit einige Mitglieder beiden Gesellschaften angehörten.
... fühlte[*]
Über die "Gracca" berichtet Parthen in seiner "Geschichte der Berliner Griechheit": "Um 6 1/2Uhr traten die Mitglieder zuisammen, teilten sich die Tagesneuigkeiten mit, bemängelten die Maßregeln des geistlichen Ministeriums und tranken Thee." Dann folgte die "Lesung" und um 9 Uhr das Abendessen. "Das Gelag verlängerte sich nicht selten bis nach Mitternacht", worauf häufig gefragt wurde: "Ist es noch heute oder schon morgen?" Niebuhr nannte die "Gracca": "wahrhaft eine kleine Akademie der classischen Studien".
... zuging[*]
Arnim hatte in seiner scherzhaften Art an die Brüder Grimm nach Cassel - gleichzeitig unter Mitteilung seiner Verlobung mit Bettina Brentano - darüber geschrieben: "Ich bin damit beschäftigt, eine deutsche Freßgesellschaft zu errichten. Ihr sollt Ehrenmitglieder werden, insofern sich Dein Appetit Wilhelm noch erhöht; sie hat große Zweke, Adam Müller ist Mitunternehmer, ich bin Gesetzgeber." Adam Müller - 1779 bis 1829 -, der bald darauf in österreichische diplomatische Dienste trat, hatte mit Heinrich von Kleist 1808 das Journal "Phoebus" herausgegeben. Auch Kleist gehörte mit Clemens Brentano zu den Begründern der Eßgesellschaft, die sich an jedem zweiten Dienstage versammelte und bei ihren Mitgliedern, die zum Teil gleichzeitig zu den "Gesetzlosen" gehörten, Christentum und Vaterlandsliebe mit dem Endziel der Befreiung Deutschlands von der Fremdherrschaft pflegte. Näheres darüber findet sich namentlich in "Kleists Berliner Kämpfe" von Rainhold Steig, 1907. Eine ältere Tischgesellschaft war der 1749 u.a. von Ramler gegründete Montagsclub, dem seit 1804 Nicolai vorstand.
... Rudolphi[*]
Über Rudolphi vgl. Dr.B.Hoest: "Pallas' Grabdenkmal und die Berliner Akademie der Wissenschaften." Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1, 1937, S. 12ff.
... Hummel[*]
Über Hummel vgl. den reich illustrierten Aufsatz von Major a.D. Georg Hummel, Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 1, 1936, S.1ff.
... Grolman[*]
Diese beiden waren als einzige Offiziere 1812 bzw. 1814 in die Gesellschaft eingetreten. Dagegen trat 1816 und 1817 eine erhebliche Anzahl von Offizieren bei, u.a. von Hüser, von Pfuel, Rühle von Lilienstern, von Wolzogen, von Röder, von Schöler, Leo von Lützow (der als Gouverneur von Berlin 1814 starb und nicht wie in der Festschrift für 1909 angenommen, mit dem Freischarführer von Lützow identisch war), von Witzleben, von Hedemann, von Gerlach, von Brandenstein, von Below, von Bardeleben, sämtlich spätere Generale, Feldmarschall Graf Gneisenau sowie die Generalstabsärzte Rust und von Wiebel. Bis 1859 "gab die Gesellschaft dem Heere und nahm aus ihm 11 Generäle".
... u.a.[*]
Im übrigen wird in sehr launischer Weise sein Lebensgang beschrieben, auch mit Rückblicken auf seine frühere Tätigkeit als Erzieher des Erbprinzen von Anhalt-Dessau, als Redakteur der Spenerschen Zeitung während der französischen Revolution und als Professor am Joachimsthalschen Gymnasium (1800-1809). Seit 1806 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und von 1810-1827 als solches auch Leiter von Übungen des philologischen Seminars der Universität war er von 1811-1827 ständiger Secretär der philologisch-historischen Klasse. Sein Hauptamt war seine Stellung bei der Königl. Bibliothek, an der "zeitlebens nur Arbeiter, nicht Director sein wollte". Von seiner Lehrtätigkeit schrieb der Theologe August Twesten Ende Oktober 1810: "Buttmann sprach mit Lebhaftigkeit und vieler Individualität, interessant, ohne doch eine in Auditorien unnütze Gelehrsamkeit auszukramen. Er paßt sich, scheint es mir, recht zum akademischen Lehrer."
... Grund![*]
Buttmann war seit 1800 mit Karoline Selle verheiratet, Tochter des Geheimen Rats und Königl. Leibmedikus Christian Gottlieb Selle, der auch Friedrich denGroßen noch in seiner letzten Krankheit behandelt hatte.
... damals[*]
Er wurde 1810 Kammergerichtsrat, 1811 auch Syndicus der Berliner Universität.
... Ministeramte[*]
August Boeckh, der schon in den Jahren 1844 und 1845 unter Trennung der geistlichen von den Unterrichts-Angelegenheiten für die letzteren als EIchhorns Nachfolger genannt wurde und, was wenig bekannt ist, die ihm im Sommer 1848 angetragene Übernahme des Kultusministeriums an Stelle des Eichhorn gefolgten Grafen Schwerin abgelehnt hatte, äußerte bereits 1843: "Eichhorn ist ein wunderlicher Heiliger geworden, und zwar im eigentlichen Sinne, und wer sich nicht entschließen kann, den Kopfhänger zu spielen, kann mit ihm nicht fertig werden." Bal. Hoffmann, August Boeckh", S.112, 116, 442. - Auch Max Lenz schreibt in seiner Universitätsgeschichte bei aller Anerkennung der stets gleichgebliebenen vaterländischen Gesinnung und Überzeugungstreue Eichhorns, als Minister sei er "innerlich ein ganz anderer geworden", und die Führung dieses AMtes sei für ihn "ein vergebliches Ringen gegen die gährende Zeit" mit den "aus dem Leben und WIssen der Gegenwart sich erhebenden Forderungen und Bedürfnissen" gewesen.
... Gesellen[*]
Möglicherweise hängt mit den erwähnten Schießübungen in CHarlottenburg die Gründung der dpäteren sog. "Charlottenburger Gesellschaft" zusammen. Diese war aber nicht, wie Gundlach in der Jubiläumsschrift: "Geschichte der Stadt Charlottenburg" II, S.460, anzunehmen scheint, mit der "Gesetzlosen Gesellschaft" identisch, sondern umfaßte, nach Lachmanns, des fünften "Zwingherrn der Gesetzlosen", Biographie mit einem engeren Kreis von deren Mitgliedern, die sich im "Türkischen Zelt" in den Wochen trafen, in denen jene am Sonnabend nicht tagte. Übrigens hat sich die Örtlichkeit der Tagungen der "Gesetzlosen" infolge Unvollständigkeit der Protokolle für die ersten Jahre nicht feststellen lassen. Man wechselte mit Sommer- und Winterquartieren. Im Sommer scheinen die "Gesetzlosen" schließlich bei "Kemper" eine länger dauernde Stätte bis in die 30er Jahre gefunden zu haben. Später werden als Sommerquartiere noch "Günthers Odeum" und seit 1852 bis etwa 1875 "Kroll" genannt. Dann fand kein Wechsel nach den Jahreszeiten mehr statt. Als frühere Winterquartiere kamen u.a. die "Börsenhalle", "Jagor" (Unter den Linden) und später für längere Zeit das "Englische Haus" in Betracht.
... schrieb[*]
Aus Boeckhs brieflichem Nachlasse im Besitze des Verfassers.
... Rühs[*]
Friedrich Rühs hatte - wie Max Lenz schreibt - als er bei Gründung der Universität 1810 nach Berlin berufen wurde, "etwqas von dem Feuergeiste seines Freundes und Collegen E.M. Arndt" aus Greifswald mitgebracht, von dem auch seine im Jahre 1815 erschiene Schrift: "Historische Entwicklung des EInflusses Frankreichs und der Franzosen auf Deutschland" zeugt, die "von glühender Liebe zu seinem deutschen Volke und von heiligem Zorn auf unsere ewigen Bedränger erfüllt ist". Rühs starb schon im Jahre 1820. Er hatte sich besonders mit der Pflege des germanischen Altertums beschäftigt und nahm hervorragenden Anteil an den auf Veranlassung des Freiherrn von Stein ins Werk gesetzten Vorarbeiten zu der 1819 erfolgten Gründung der "Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde". Stein war seit seinem Scheiden aus dem Staatsdienste dauernd für eine Sammlung der hierfür in Betracht kommenden noch unbekannten und unbenutzten Geschichtsquellen eingetreten. Aus dieser Gesellschaft ist die Generaldirection der "Monumenta Germaniae historica" hervorgegangen, die seit 1936 jetzt neben der lateinischen Bezeichnung an erster Stelle den Namen "Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde" führt. Rühs war auch "Historiograph des Preußischen Staates". Die Richtlinien für die Organisation der Monumenta hatte schon 1814 Savigny in einem Briefe an F. Grimm dargelegt (Stoll II, S.126).
... Biener[*]
F.A. Bieners Name wird über die engeren Fachkreise hinaus heute kaum noch genannt. Er war bei Gründung der Universität, erst dreiundzwanzigjährig, auf Vorschlag Savignys berufen worden, der ihn als Jurist "von sehr vielen Anlagen und Gewandtheit und ungemeinen KEnntnissen" empfahl. Er lehrte Strafrecht sowie Rechtsgeschichte und war der erste Dekan der juristischen Fakultät. Wegen Kränklichkeit gab er schon 1831 die Professur auf, blieb aber schriftstellerisch tätig und starb 1861 in Dresden, wohin er sich nach Beendigung seiner Universitätslaufbahn zurückgezogen hatte.
... Namen[*]
Von denen seien hier nur noch genannt: Von Künstlern: Rauch Schinkel, Wach, R. Begas, Peter v. Cornelius; von Männern der Wissenschaft: Hegel, Trendelenburg, Bopp, Friedrich v. Raumer, v. Meusebach, Link, Encke, Karl Ritter, Ehrenberg, Heinrich Barth, Lachmann, Klenze Wilken, Ranke, Pertz, Droysen, Lepsius, Mommsen, Ernst Curtius; aus der Beamtenschaft: die Oberpräsidenten v. Merkel, v. Schön, v. Vincke; die Minister Rother, v. Bethmann-Hollweg und H.G. v. Mühler, Beuth, der Generalsteuerdirektor Kühne, E.Th. Hoffmann, J. Hitzig, Joh. Schulze, der langjährige Leiter der Unterrichtsabteilung des Kultusministeriums, Karl Streckfuß, H. Redtel, v. Griesheim und der General-Auditeur Friccius. In der Hundertjahr-Festschrift ist die Mitgliederliste bis 1909 fortgeführt.

Herbert Voss 2002-02-26